Andacht für den Monat Dezember
‚Ja, aber wie?‘, denke ich beim zweiten Blick auf das Bild. Wie sollen wir dem Herrn durch diese vor uns liegende Adventszeit entgegen gehen in der so eskalierten Corona-Lage? Die Wochen bis zum Fest des Friedens und der Liebe scheinen mehr denn je gepflastert mit Hindernissen. All die Einschränkungen und Regeln zum Infektionsschutz, die schlimmen Bilder aus den Krankenhäusern! Und genauso schlimm: der aggressive Ton gegenseitiger Vorhaltungen, der überall um sich greift! Zwischen Geimpften und Ungeimpften, zwischen Alten und Jungen. Und dann all die Worthülsen der Politik, in die viele ihr Vertrauen verloren haben.
Plötzlich erscheint mir die Kerzenstraße wie ein herausfordernder Parcours. Jede Flamme eine neue Hürde, die es zu überwinden gilt auf dem Weg zurück zu einem gemeinschaftlichen Miteinander. Er zieht und zieht sich, dieser Weg, und ein Ende ist nicht abzusehen.
Kürzlich in einer Pfarrkonferenz, als es wiedermal um neue Corona-Vorschriften ging, die wir für unsere Gottesdienste beachten müssen, schloss eine Kollegin entnervt die Augen und sagte: „Können wir uns nicht einfach alle im Bau verkriechen, und irgendwie geht Weihnachten an uns vorüber?!“ Alle lachten. Und alle empfanden die darin liegende tiefe Erschöpfung. In den Winter-schlaf gehen wie die Tiere, Weihnachten ausfallen lassen.
Nein, das wollen wir nicht wirklich (die Kollegin auch nicht). Weihnachten lassen wir uns nicht nehmen! Für mich jedenfalls gehört die Vorfreude darauf gerade zu den Dingen, die mich weiter durchhalten lassen. Hoffnung im Dunkel oder Hindernisstrecke? Wie empfinden Sie das Bild? Wie unsere gegenwärtige gesellschaftliche Lage?
Vielleicht ist es ja auch beides. Und vielleicht gibt uns der Monatsspruch für den Weihnachtsmonat Dezember eine Hilfe an die Hand. Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR. (Sacharja 2,14)
Perspektivwechsel. Darum geht es. Die Lichterstraße von hinten her auf uns zu kommen sehen. Nicht wir müssen einen Weg absolvieren, um zu Gott, zu Besinnlichkeit und Frieden, zum Weihnachtsfest zu gelangen. Sondern umgekehrt: Gott kommt uns entgegen. Er ist schon auf der Bahn. Er will bei uns wohnen!
Weihnachten findet statt. Denn es ist nicht in unserer Hand. Gott lässt es Weihnachten werden! Gerade dann, wenn Feindseligkeit und Erschöpfung so sehr um sich greifen. Gerade dort, wo Menschen am Ende ihrer Kräfte sind.
Ich denke in diesen Tagen viel an die unglaublich tapferen Pflegerinnen, Schwestern, Ärztinnen und Ärzte auf den voll belegten Covid-Stationen, zum Beispiel in meiner Heimatstadt Dresden. Es ist für mich kaum zu begreifen, wie sie das schaffen, seit so langer Zeit Tag für Tag unter immer druckvolleren Bedingungen diese Arbeit zu tun. Ihnen wünsche ich von Herzen, dass das Licht, das mit Jesus in die Welt kommt, bis zu ihnen dringt. Dass es sie wärmt, stärkt und tröstet. Uns allen wünsche ich es. Licht muss man weitergeben. Damit es immer heller wird. Dazu kann jeder einzelne von uns das Seine beitragen.
Bleiben Sie behütet und kommen Sie trotz aller Schwierigkeiten froh durch den Advent,
Ihre Pfarrerin